Menu
menu

Hintergrundinformationen zur Zugangssituation in Sachsen-Anhalt und zur Landeserstaufnahmeeinrichtung in Stendal

1. Allgemeine Informationen zum aktuellen Zugangsgeschehen

Die Länder sind gesetzlich verpflichtet, für die Unterbringung Asylbegehrender die dazu erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und zu unterhalten sowie entsprechend ihrer Aufnahmequote die notwendigen Unterbringungsplätze bereitzustellen (Erstaufnahme). Den Landkreisen und kreisfreien Städten obliegt als gesetzliche Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises, ihnen aus der Erstaufnahme des Landes zugewiesene Personen aufzunehmen.

Die Zugangszahlen von Asylsuchenden in Sachsen-Anhalt haben sich bereits im vorletzten Jahr von 2.995 Zugängen im Jahr 2021 auf 5.931 Asylzugänge im Jahr 2022 verdoppelt. Bis Ende Dezember 2023 hat Sachsen-Anhalt insgesamt 7.754 Asylbegehrende aufgenommen und damit einen erneuten Anstieg verzeichnet. Im Vergleich zu 2022 ist das ein Anstieg um rund 31 Prozent und die dritthöchste Zugangszahl seit 1994.

Hauptherkunftsländer der in Sachsen-Anhalt im Jahr 2023 aufgenommenen Asylbegehrenden waren Syrien (2.450), Afghanistan (1.072) und die Türkei (883).

Die Einführung von temporären Binnengrenzkontrollen am 16. Oktober 2023 an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz (neben den bereits bestehenden Grenzkontrollen zu Österreich) zeigt Wirkung. In diesem Jahr wurden in Sachsen-Anhalt bislang rund 1.200 Asylsuchende aufgenommen (Stand: 7. April 2024). Das ist knapp ein Viertel weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (1.653).

2. Unterbringungskonzept des Landes für Asylsuchende

Bereits im Jahr 2016 wurde im Unterbringungskonzept des Landes Sachsen-Anhalt die Bedarfs- und Kapazitätsplanung für den Bereich der Erstaufnahme konkretisiert. Die Unterbringung soll danach mittelfristig an zwei Standorten, nämlich in Halberstadt und Stendal, erfolgen.

In Halberstadt befindet sich bereits seit vielen Jahren die Hauptstelle der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Sachsen-Anhalt (ZASt). Die bauliche, vollständige Herrichtung einer Landesaufnahmeeinrichtung (LAE) in Stendal mit insgesamt 1.000 Unterbringungsplätzen ist in der Umsetzung. Die LAE Stendal wurde entsprechend den Anforderungen der EU‑Aufnahmerichtlinie an die Unterbringung besonders schutzbedürftiger Personen (wie u.a. Schwangere, Minderjährige, Menschen mit Behinderungen, Folteropfer) konzipiert. Die spezielle Situation dieser Personengruppen wird beispielsweise durch die Herrichtung barrierefreier Unterkunftsbereiche inklusive Sanitäreinrichtungen, Spiel- und Freizeitflächen sowie Rückzugsbereiche auch im Außenbereich berücksichtigt.

Eine teilweise Nutzungsaufnahme der LAE Stendal wird ab Anfang Mai 2024 erfolgen.

Die Unterkunftsgebäude und Versorgungseinrichtungen der LAE Stendal sind bereits für eine Interimsnutzung mit 500 bis 600 Plätzen hergerichtet und betriebsbereit. Die Verpflegung der Bewohner erfolgt in einer für den Interimsbetrieb errichteten Leichtbauhalle inklusive Küchenbereich, in der sowohl die Essensausgabe als auch die Essenseinnahme stattfindet. Auch die Büroräumlichkeiten für den Landkreis (Ausländer- und Leistungsbehörde) wurden in einem Containerbau interimsweise fertiggestellt. Den Bedarfen besonders schutzbedürftiger Personen mit Familienangehörigen kann bereits während des Interimsbetriebs Rechnung getragen werden. So stehen Rückzugsmöglichkeiten nicht nur innerhalb der Unterkunftsgebäude inklusive barrierefreier Infrastruktur, sondern auch im Außenbereich mit Kinderspielplatz zur Verfügung. Auch die Sportanlagen  sind uneingeschränkt von Beginn an nutzbar.

Das beauftragte Wachschutzunternehmen wird rund um die Uhr vor Ort sein und vielseitige Sicherheitsaufgaben wahrnehmen, wie z. B. die Bestreifung der Liegenschaft und die Kontrolle des Zufahrtsbereichs. Mit der Inbetriebnahme wird die Bewachung im Schichtsystem (24/7) fortgesetzt und intensiviert. Unbeschadet der vielfältigen Sicherheitsaufgaben des verpflichteten Sicherheitsunternehmens ist die enge Zusammenarbeit mit der Landespolizei, insbesondere der Polizeiinspektion Stendal und dem Polizeirevier Stendal gewährleistet. 

Neben der Bewachung wurden weitere Dienstleistungen in Gestalt der sozialen und medizinischen Betreuung (inklusive Sprachmittlung, Reinigung, Wäscherei, Hausmeister und Verpflegung) bereits vergeben. Die medizinische Betreuung in der LAE Stendal beinhaltet eine allgemeinmedizinische Grundversorgung sowie das Angebot eines psychologischen Dienstes vor Ort. Es wird auch eine kinderärztliche Sprechstunde angeboten. Zu Randzeiten, z. B. an Wochenenden, wird die medizinische Grundversorgung durch einen beauftragten Sanitäts- und Rettungsdienst vor Ort sichergestellt.

3. Aufnahme Asylsuchender in Sachsen-Anhalt

Asylsuchende werden durch den Bund im Rahmen der Fachanwendung EASY nach dem Königsteiner Schlüssel einem Bundesland zugewiesen. Erstanlaufstelle in Sachsen-Anhalt ist (und bleibt) die Hauptstelle der ZASt in Halberstadt. Dort werden die in der Erstaufnahme wohnverpflichteten Asylsuchenden zunächst vollständig registriert, sicherheitsüberprüft und durchlaufen die Gesundheitserstuntersuchung. Sie haben Gelegenheit, die Asylverfahrensberatung in Anspruch zu nehmen. In der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Halberstadt stellen sie formell ihren Asylantrag. Nachfolgend werden sie zur Begründung ihres Asylantrags noch während ihres Aufenthalts in der Erstaufnahme durch das BAMF angehört, soweit die Anhörung durch das BAMF zeitnah durchgeführt werden kann und die bis dato erforderlichen Unterbringungskapazitäten zur Verfügung stehen.

Die Wohnverpflichtung in der Erstaufnahme beträgt grundsätzlich maximal 18 Monate; für minderjährige Kinder und ihre Eltern sowie sonstige vulnerable Personen sechs Monate. Danach werden, sofern nicht bereits zuvor eine positive Entscheidung des BAMF ergeht oder bei negativer Entscheidung die Ausreise oder Abschiebung erfolgt, Asylsuchende spätestens aus der Erstaufnahme in die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt. Die Landkreise und kreisfreien Städte entscheiden, wo und wie die zugewiesenen Personen in ihrem Zuständigkeitsbereich untergebracht werden. Die Anzahl der in der LAE Stendal untergebrachten Personen wird nach den Bestimmungen des Aufnahmegesetzes auf die Aufnahmeverpflichtung des Landkreises Stendal angerechnet, so dass bereits mit der vorzeitigen Teilinbetriebnahme im Mai 2024 weniger Asylsuchende als bislang dem Landkreis Stendal zur kommunalen Aufnahme aus der Erstaufnahme zugewiesen werden. Bei anhaltend hohen Zugangszahlen und der beim BAMF nicht mehr zeitgerecht einrichtbaren Asylantrags- und Anhörungstermine können vorzeitige Verteilungen in die Kommunen zur Aufrechterhaltung der Aufnahmefähigkeit der Erstaufnahme erforderlich sein.

4. Rückführung von Ausreisepflichtigen

Im Vergleich zum Jahr 2022 konnte im Jahr 2023 erneut eine deutliche Steigerung bei Abschiebungen und freiwilligen Ausreisen erzielt werden. Insgesamt wurden im letzten Jahr 1.008 Ausreisepflichtige abgeschoben oder zur freiwilligen Ausreise veranlasst.

Aus Sachsen-Anhalt wurden im Jahr 2023 insgesamt 535 Ausländer abgeschoben. Sachsen-Anhalt hat da, wo es das Land selbst in der Hand hat, Abschiebungen forciert. Damit steigerte das Land Sachsen-Anhalt im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Rückführungen um 54 Prozent. Bundesweit ist nur eine Steigerung um 27 Prozent gelungen.

Der Trend steigender Rückführungszahlen setzt sich im Jahr 2024 unverändert fort. Im ersten Quartal 2024 wurden aus Sachsen-Anhalt 177 Rückführungen vollzogen. Das sind 18 Prozent mehr als im ersten Quartal des Vorjahres.

Gleichzeitig reisten bis Ende 2023 insgesamt 473 Personen freiwillig aus. Auch dies ist im Vergleich zum Vorjahr ein deutlicher Anstieg um 32 Prozent (bis Ende 2022 waren 358 freiwillige Ausreisen aus Sachsen-Anhalt zu verzeichnen).